Veranstaltung: | LDV Andernach |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Anträge |
Antragsteller*in: | Kreisverband Trier (dort beschlossen am: 04.10.2017) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 07.10.2017, 21:12 |
A-4: Verkehrswende in Rheinland-Pfalz jetzt! - Moselaufstieg verhindern.
Antragstext
Den Moselaufstieg verhindern!
Gegen Landschaftszerstörung und Flächenfraß
Für ein integriertes umweltfreundliches Verkehrskonzept in der Region
Bundesverkehrswegeplan, die Wunderlampe
Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030, vorgelegt vom Bundeskabinett im August
2016, wurde der Moselaufstieg erneut in den vordringlichen Bedarf aufgenommen.
Dieser Überraschungscoup gelang dem ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten
Bernhard Kaster, in engem Schulterschluss mit CSU-Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt.
Anders als gemauschelt nicht zu erklären.
Grundlage für die Auflistung im Bundesverkehrswegeplan ist offenbar die falsche
Behauptung und Einstufung des Moselaufstiegs als planfestgestellt, obwohl das
Oberlandesgericht Koblenz den Planfeststellungsbeschluss bereits 2005 für
rechtswidrig erklärt hatte.
Ebenso wenig ist nachvollziehbar, wie der Moselaufstieg von einer ihn
zurückweisenden Kosten-Nutzen-Bewertung von 1,3 (BVWP 2003) ohne geänderte
Rahmenbedingungen um das 10fache hochgestuft werden konnte (10,8 BVWP 2016).
Die Ankündigung von Landesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) den Baubeginn
für den Moselaufstieg noch bis 2020 zu bewerkstelligen, ist vor diesem
Hintergrund ein Affront gegen alle Triererinnen und Trierer.
Wieder sollen Hunderte von Millionen in eine natur- und klimazerstörende
Infrastruktur gesteckt werden, die nachgewiesenermaßen keinen
verkehrsentlastenden Effekt haben wird.
Die Landesdelegiertenversammlung hält daher an ihrer schon zuvor vorgebrachten
Forderung an Land und Bund fest:
- Die in der Region geplanten Infrastrukturvorhaben werden unter
Einbeziehung der Potentiale eines Ausbaus des ÖPNV/SPNV zur Entlastung der
Straßeninfrastruktur bewertet. Auf dieser Grundlage wird gemeinsam mit der
Stadt Trier und der Region Trier/Luxemburg ein nachhaltiges
Verkehrskonzept im Sinne einer alle Verkehrsträger übergreifenden
Gesamtkonzeption zur Verbesserung der Verkehrssituation entwickelt. Den
Bau des Moselaufstiegs und der Meulenwaldautobahn lehnen wir ab.
- Die Projekte Moselaufstieg und Meulenwaldautobahn sollen aus der
überregionalen Planung im LEP IV gestrichen werden.
- Für uns vor Ort bedeutet dies auch, dass der Verankerung der
Verkehrsprojekte Moselaufstieg und Meulenwaldautobahn in
Flächennutzungsplänen nicht zugestimmt werden kann.
Begründung
Moselaufstieg und Meulenwaldautobahn
Man kann es gleich zu Beginn und laut sagen: Die Projekte Moselaufstieg und Meulenwaldautobahn spielen im bundesweiten Vergleich ihrer verkehrswirtschaftlichen Bedeutung eine absolut untergeordnete Rolle.
Klar: Es gibt eine fehlgeleitete Infrastrukturpolitik vergangener Jahrzehnte, für die intelligenter Städtebau und umweltschonende Mobilität ein Fremdwort waren. Aus der Bundesperspektive muten die weitgehend hausgemachten Probleme der Trierer Immobilität eher rührend an; sie sollten daher auch durch ein neues Denken und neue Konzepte auf regionaler und Landesebene mit Unterstützung des Bundes gelöst werden.
Es folgt der Versuch, in die Geschichte der beiden Mythen Moselaufstieg und Meulenwaldautobahn, die später verniedlichend „West- und Nordumfahrung Trier“ getauft wurden, einen roten Faden zu bringen.
Moselaufstieg und Meulenwaldautobahn: Mythen der Vergangenheit
In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war trotz Ölkrise weiterhin die Vorstellung dominant, durch Fernstraßenbau seien nicht nur grenzenlose Mobilität, sondern auch wirtschaftlicher Aufschwung und neue Arbeitsplätze zu sichern. Diese Haltung war personifiziert im rheinland-pfälzischen Wirtschafts- und Verkehrsminister Heinrich Holkenbrink (CDU, 1971-1985), unter dessen Ägide die linksrheinische Autobahn A 61, aber auch die Komplettierung der A 48 Koblenz-Trier Realität wurden.
Übersetzt auf die B 51 hieß dies: Für Trier sollte eine großräumige, weitgehend vierspurige westliche Umfahrung von Saarburg über Konz nach Helenenberg mit Weiterführung nach Bitburg realisiert werden, der überregionale Bedeutung zukomme. 1980 wurde für den Abschnitt Konz-Helenenberg das raumplanerische Verfahren eröffnet; wegen der Umweltverträglichkeitsprüfung und kritischen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange wurde das Projekt eingemottet.
Für die „abgespeckte“ Version wurde das raumplanerische Verfahren 1985 aufgenommen.
Dieses Mal blieb dieses Verfahren seitens der Bürgerinnen und Bürger in der Region jedoch nicht unbemerkt. Insbesondere in der Gemeinde Igel sammelten sich die Bürger und gründeten die Bürgerinitiative „Besorgte Bürger aus Igel und Liersberg“. Ihr Hauptargument: Die geplante B51 als überregionale Fernverkehrsverbindung in Nord-Süd-Richtung werde den belastenden regionalen Verkehr in Ost-West-Richtung (sprich: Tanktourismus und Co.) nicht vermindern. Auch der Verkehrsclub VCD und der BUND sprangen den Igelern zur Seite: Neben dem zusätzlich ausgelösten Verkehr bringe der „Igelaufstieg“ (wie er damals schelmisch genannt wurde) eine massive Beeinträchtigung der Luftqualität im Trierer Talkessel mit sich; er gefährde das Naturschutzgebiet der Kiesgruben „Dennersacht“ und bedeute das Aus für mehrere Hektar Wald und Streuobstwiesen.
Die Bürgerinitiative nahmen – mit Unterstützung der Grünen – 1989 erfolgreich an der Kommunalwahl teil und vertraten nun auch in der Kommunalpolitik ihre Standpunkte. In Beschlüssen von 1992, 1993 und 1994 lehnten sie die vorgelegten Varianten für die B51neu ab, allerdings mit dem einschränkenden Nebensatz: solange es keine Ortsumgehung der B 49 für Igel gibt. Zum Ende des Raumordnungsverfahrens erreicht die Bürgerbewegung ihren Höhepunkt. Es werden mehrere Tausend Eingaben eingereicht, und am 20.11.1994 nehmen 2.000 bis 3.000 Menschen zwischen Igel und Zewen an einer Demonstration gegen den Moselaufstieg teil. Im Trierer Stadtrat gibt es am 12.01.1995 indessen eine kuriose Abstimmung mit einer Stimme Mehrheit für den Moselaufstieg. Dieter Lintz kommentierte hierzu in einer Rückschau im Trierischen Volksfreund : „Sie (die Mehrheit) kam von einem durch übermäßigen Alkoholgenuss sichtlich nicht mehr seiner Sinne mächtigen Ratsmitglied, das ursprünglich angekündigt hatte, gegen den Aufstieg zu stimmen, dann aber von seiner Fraktion coram publico „eingenordet“ wurde.“
Noch im Februar des gleichen Jahres 1995 verkündete die Landesregierung, dass das Raumordungsverfahren abgeschlossen wurde.
Nach unserer Ansicht wurden alle grundsätzlichen Einwände gegen den Moselaufstieg einfach vom Tisch gewischt. Die sogenannte Null-Variante, also der Verzicht auf den Autobahnzubringer etwa zugunsten einer Stärkung der Bahn, hat keine Berücksichtigung gefunden.
Justiz und Grüne stoppen den Moselaufstieg
Eine Wende in der Beurteilung des Projekts Moselaufstieg trat 1998 mit Regierungsübernahme durch Rot-Grün in Berlin ein. Zwar konnte der rheinland-pfälzische Landesbetrieb Straßen und Verkehr im März 2003 noch das Planfeststellungsverfahren für den Moselaufstieg beantragen und der Trierer Stadtrat im Juli 2003 eine weitere Resolution für den Autobahnzubringer beschließen.
Doch damit war nicht zu verhindern, dass das Projekt wegen seiner schlechten Nutzen-KostenRelation vom „vordringlichen“ in den „weiteren Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans und des Bedarfsplans für Bundesfernstraßen herabgestuft wurde.
Eine weitere schwere Niederlage mussten die Planungsbehörden im Mai 2005 einstecken. Der von ihnen im Vorjahr herausgegebene Planfeststellungsbeschluss wurde vom Oberverwaltungsgericht Koblenz als rechtswidrig kassiert.
Was folgte, war ein kollektiver Aufschrei, der vom Trierer Bundestagsabgeordneten Bernhard Kaster (CDU) über den Noch-Landesverkehrsminister Hans-Artur Bauckhage (FDP) bis hin zum neuen Landesverkehrsminister Hendrik Hering (SPD) reichte.
Motto: Die Grünen haben die Herabstufung des Moselaufstiegs betrieben, und damit wurde ein für die Region lebenswichtiges Infrastrukturprojekt verhindert. Die SPD-Alleinregierung in Mainz (2006-2011) kündigte denn auch an, in den Beratungen zum neuen Bedarfsplan für Bundesfernstraßen die Höherstufung der „Westumfahrung Trier“ in den „vordringlichen Bedarf“ vorzuschlagen.
Varianten, Analysen, Chancen
Neuen Auftrieb bekam die Diskussion um das Projekt auch durch den von der Stadt Trier im Januar 2007 eingebrachten Vorschlag, die Trasse des Moselaufstiegs nach Trier-Euren zu verlegen – als Verlängerung der Konrad-AdenauerBrücke. Eine in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie kam allerdings zu dem Ergebnis, dass alle geprüften Varianten mit hohen Kosten und erheblichen Umwelteingriffen verbunden wären.
Der Landkreis freute sich, denn sie hielten wegen der besseren Verkehrsanbindung des Saarburger und Konzer Raums die Variante A zwischen Igel und Zewen weiterhin für die beste. Wenn es schon bei der alten, vergeblich planfestgestellten Trasse bleiben sollte, so musste man doch im Vorfeld der Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans Nachweise bringen, ob mit ihr und auch der „nachgelagerten“ Meulenwaldautobahn tatsächlich Verkehrsentlastungseffekte zu erwarten sind. Das Land gab mit dieser Absicht über den Landesbetrieb Mobilität die Studien „Verkehrsuntersuchung Raum Trier-Luxemburg 2008“ und die „Großräumige Verkehrsuntersuchung Mosel-SaarEifel“ in Auftrag.
Bei genauerer Betrachtung der Studien wird deutlich, dass die Entlastungseffekte sehr ungleich verteilt sind und es Straßenabschnitte gibt, die gar mit Mehrbelastungen rechnen müssten (Bsp. Trier-Zewen). Die Studien lassen zudem die Frage außer Acht, mit welchen Alternativen zum Straßenneubau vergleichbare Entlastungseffekte zu erzielen wären.
Verkehrskonzept der neuen rotgrünen Landesregierung bis Ende 2012
Genau dieser letzte Aspekt wurde von den Grünen erfolgreich in den Koalitionsvertrag mit der SPD eingebracht. Dort heißt es wörtlich: Die in der Region geplanten Infrastrukturvorhaben werden unter Einbeziehung der Potentiale eines Ausbaus des ÖPNV/SPNV zur Entlastung der Straßeninfrastruktur bewertet. Auf dieser Grundlage wird gemeinsam mit der Stadt Trier und der Region Trier/Luxemburg ein nachhaltiges Verkehrskonzept im Sinne einer alle Verkehrsträger übergreifenden Gesamtkonzeption zur Verbesserung der Verkehrssituation entwickelt. Ziel ist, auf den Bau des Moselaufstiegs und der Meulenwaldautobahn zu verzichten.
Der Meulenwald – Waldgebiet des Jahres 2012
Der 9.000 Hektar große Meulenwald zwischen den Flussläufen von Kyll und Salm wurde erst jüngst vom Bund Deutscher Forstleute zum Wald des Jahres 2012 ausgerufen. Dass er Transitgebiet für Fernverkehre via Autobahn werden soll, glaubte eigentlich niemand mehr. Auf den Straßenkarten der Zeit war zwar seine gedachte Linie noch präsent, aber heftige Widerstände aus den Anliegergemeinden und andere prioritäre Straßenprojekte sorgten für sein vorläufiges Verschwinden in den Schubladen der Amtsstuben. Bei der Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans 1985 fiel die Meulenwaldautobahn durch, weil sie das schlechteste Kosten-Nutzen-Verhältnis aller Autobahnprojekte in Rheinland-Pfalz aufwies. Doch 1992 wurde die Planung erneut wie Phönix aus der Asche geholt und von Landesverkehrsminister Rainer Brüderle (FDP) für den neuen Bedarfsplan für Bundesfernstraßen vorgeschlagen. Begründung: Die Anbindung der Autobahn A 48 Luxemburg – Trier - Koblenz sei unbefriedigend, und aus verkehrs- und strukturpolitischer Sicht sei der „Lückenschluss“ im Hinblick auf die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes von besonderer Bedeutung.
Umweltschädlich, teuer, unnütz
Wirklicher Erfolg blieb diesen Ambitionen nicht beschieden, da die Meulenwaldautobahn der Projektbewertung weiterhin nicht standhielt und mit dem Vermerk „Kein anerkannter Bedarf“ in die hinteren Ränge verwiesen wurde. Insbesondere machten die ökologischen Aspekte auch den Prüfern Sorge. In der Umweltrisikoeinschätzung für den Bedarfsplan heißt es unter anderem: „Fast im gesamten Korridor hoch empfindliche Lehmböden“ – „Wasser in Teilen (insbesondere die Talräume) hoch empfindlich“ – „Biotope in großen Teilen hoch empfindlich“. Die Landesregierung reagierte nach dieser Niederlage mit der Prüfung von Varianten, die eure Tunnellösungen beinhalteten. Im Vorfeld der Neuaufstellung des Bedarfsplans beschwor ein CDU-Bundestagsabgeordneter im November 1997 die Gefahr, dass „ohne dieses Projekt der Kollaps der Verkehre zwischen Skandinavien und Südfrankreich jenseits der Jahrtausendwende“ stattfinde. Wie schon der Moselaufstieg, so fand auch die Meulenwaldautobahn unter der rot-grünen Bundesregierung keine Aufnahme in den „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans 2003. Der Grund: das nicht ausgleichbare hohe ökologische Risikopotential.
Die Befürworter des Projekts – CDU, IHK, Teile der SPD – erreichten jedoch, dass Teilplanungen stattfinden durften.
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